Über das Hören
Familien haben ureigene Atmosphären, die uns prägen
Sie kennen das? Sie gehen auf die elterliche Haustüre zu und fürmlich unbegreiflich, so scheint es, wird ihnen mulmig, ihre Körperspannung verändert sich: die alte Familienatmosphäre kriecht in sie hinein. Durch Musik kann Stimmungen und Atmosphären erzeugt und gewandelt und auch nachempfunden werden. Durch das Hören von Musik können wir uns selbst in eine bessere Stimmung versetzen.Wir können schwierige Atmosphären, wie wir sie aus belasteten Familien kennen, für eine Zeit hinter und lassen. Musik kann etwas zu,m Ausdruck bringen, worüber Suchtkinder und KIndheitsbelastete nicht sprechen können.
Hören und Beziehung
Sie hören gut, aber nicht aufs Wort!, sagte der Ohrenarzt einst meinem Vater. Und das gefiel ihm, meiner Mutter weniger, hatte sie doch gedrängt, dass er sich untersuchen lasse. Wir haben in der Familie oft über diese Episode geschmunzelt. Hören hat viele Dimensionen, hier wurden zwei deutlich, eine funktionale und eine soziale. Letztere ist nicht selten wichtig in Beziehungen- oft erzählen Menschen, dass sie daran leiden, von nahen Menschen nicht wirklich gehört zu werden. Gerade Menschen aus belasteten Familien sind oft ins Leere gegangen, blieben unerhört, erfuhren kaum Resonanz. Mit weitreichenden Folgen, die oftmals bis ins hohe Erwachsenenalter zu tiefen Selbstzweifeln, bis hin zu Depression fürhen kann.
Un-erhört sein – wie Resonanzerfahrungen helfen
Oft wird das Hören im schulischen Kontext vor allem disziplinarisch verwendet. Als Schultherapeutin wurde ich teils angefragt, weil Schüler „X überhaupt nicht hört“. Da sollte ich nun also im wahrsten Sinne einem Kind das Hören beibringen? Die Aufträge, die ich im schulischen Kontext höre, sind vielfältig. Ich erlebte wiederholt, dass die Kinder, die nicht hörten, Kinder waren, denen wenig zugehört worden war. Zuerst musste ich ihnen also zuhören- aber, wenn sie nicht erzählen? Hier konnte Musik, wie auch in Arbeiten mit Erwachsenen, die an ihrem Verstummt Sein leidn, eine wertvolle Brücke sein.
Mehr über das Hören zwischen Gänsehaut und Hörsturz und Vom Hören in krisenhaften Zeiten erzähle ich in der Zeitschrift Musik und gesundsein
Hören- heilsam oder triggernd
In der Musiktherapie nutzen wir das Hören von Musik in vielfältiger Weise, etwa um Menschen wieder ins Schwingen zu bringen usw., mit dem Ziel, etwas heiler werden zu lassen oder überhaupt zum Ausdruck zu bringen. Und dann, das kennen wir alle: manche Musik, Geräusche und Klänge sind nicht aushaltbar, zum Davonrennen. Das Hören als Triggermoment. Dieses teile ich mit vielen meiner Klienten. Nicht wenige sind ob dieser so unsicher erscheinenden Welt auf der Flucht vor sich selbst, möchten nicht mehr zur Ruhe kommen, nicht mehr fühlen. Klänge und Musik sind in der Lage, Gefühle in uns zu erzeugen, Stimmungen zu wandeln und erzeugen. In meiner therpeutischen Arbeit nutze ich das Hören von Musik oft als biografischen Schlüssel, als intermediale Gestaltung im Haus der Stimmungen und auch als Brücke zu verschlossenen Emotionen. Das Hören als hoffnungstragende Erlebniswelt gegen die Schrecken und Endlichkeitsszenarien unserer Zeit, auch das kann es sein, gleichsam als Trost der Schönheit, wie es Gabriele von Arnim in ihrem Buchtitel pointiert.
Zum Hören wurde ich befragt von der Musiktherapeutischen Umschau. Dem Link unten folgen
Waltraut Barnowski-Geiser und Susanne Bauer | Musiktherapeutische Umschau
Eine gute Woche wünscht
Ihre
Waltraut Barnowski-Geiser