„Ich erwarte nichts, dann werd ich auch nicht enttäuscht!“ – Warum sich freuen für Kindheitsbelastete eine Mutprobe bedeutet

„Ich erwarte nichts!“, sagt Herr I.mit dem Brustton der Überzeugung, „dann werde ich auch nicht enttäuscht.“ Zugleich beschreibt er Gefühle von Verdruß, eine aufkommende Lebensunlust, nichts mache ihm wirklich Freude.

Menschen aus belasteten Familien, wie auch Herrn I., scheint manchmal die Freude abhanden gekommen zu sein: Wie bei Herrn I. ist dieser Freudverlust Teil einer lebenslangen Geschichte, Teil einer Biografie des schleichenden Freudverlustes. Erkrankte Eltern ( etwa diejenigen, die an einer Sucht leiden) versprechen oft Dinge und halten sie nicht ein. Zum x-ten Male verspricht die Mutter, nicht mehr zu trinken, zum Familienausflug „clean“ zu sein, das Kind zu begleiten…und wieder und wieder wird es nichts, wieder und wieder läuft die Freude ins Leere und wird enttäuscht. Machen Kinder, wie auch Herr I., diese Erfahrung wiederholt und über Jahre, ist einer ihrer Bewältigungswege, das Hoffen und Freuen einzustellen. Die wiederholt erlebte Frustration und Resignation wird gleichsam vorweggenommen, um sie nicht wieder zu erleben. Dieser Selbstschutzmechanismus geht oft einher mit einem Verlust von Lebensqualität. Erst wenn dieser Mechanismus erkannt wird, kann sich langsam die Freude einen Weg in das Leben Betroffener bahnen. Dies erfordert Mut, Mut, einer neuerlichen Enttäuschung ins Auge zu sehen, aber auch den Mut, sich auf eine andere Erfahrung einzulassen.

Und: worauf freuen Sie sich?

Mut zu Freudigem wünscht

IHre

Waltraut Barnowski-Geiser

Übung 3: Mein Weg zum besseren Leben

In der letzten Übung haben Sie Ihre „Besser-Leben-Landschaft“ gemalt und gestaltet. Vielleicht werfen Sie nun noch einmal einen Blick auf diese Landschaft – falls Sie diese noch nicht gestaltet haben, holen Sie dies doch heute nach…

Betrachten Sie nun mit Ruhe…Was gefällt Ihnen an Ihrer-Besser-Leben- Landschaft? Möchten Sie heute noch etwas verändern, dass Sie jetzt gern anders hätten? Dann nehmen Sie sich ein wenig Zeit und malen/gestalten das ein.

Im nächsten Schritt suchen Sie bitte ein größeres Papier als das aus der letzten Übung oder Sie legen gerade so viele Blätter um Ihre Besser-Leben-Landschaft herum, wie erforderlich sind, um einen Rahmen zu erstellen.

Featured image

Wenn ihr Bild nun eingerahmt ist, lehnen Sie sich ein wenig zurück… Gehen Sie mit Ihrer Achtsamkeit zu Ihrem Atem (so wie wir es hier schon geübt haben) und treten ein wenig beiseite. Stellen Sie sich vor, dass Sie mit jedem Atemzug ein Stück mehr zu sich und Ihren inneren Bildern kommen.

Gehen Sie nun der Frage nach, welche Umgebung Ihre Besser- Leben-Landschaft braucht, damit sie entstehen kann. Welche Farben, Personen, Tiere, Menschen, Formen, Worte, Sprüche…

Suchen Sie nun Verbindungen zwischen Rahmen und Landschaft, malen sie alles herum, was Ihnen wichtig erscheint. …Folgen Sie jeweils Ihrem ersten Impuls.

Nun schauen Sie noch einmal hin: Wo in dieser Gestaltung befinden Sie selbst sich gerade. Gibt es einen Punkt in der Landschaft, an Ihrer Grenze, im Rahmen oder weiter außerhalb? Stellen Sie  Verbindungen von Ihrem Standpunkt zur Besser-Leben-Landschaft her. Greifen Sie Formen, Farben und Verbindungen auf. Vielleicht müssen Sie auch Hinderungen, Menschen, Gegenstände auf andere Plätze setzen, übermalen, herausschneiden…seien Sie aktiv und spielerisch, weniger kopflastig. Für eine kreative Gestaltung sind Sätze „Wie soll das gehen?“ …und „das ist doch Kinderkram!“ meist hinderlich.Falls diese Fragen in den Vordergrund rücken, gestalten Sie sie als Teil des Bildes mit.

Schauen Sie nun alles Entstandene noch einmal an: Welchen Schritt zu Ihrem besseren Leben nehmen Sie sich für die nächste Woche vor? Trauen Sie sich und formulieren diesen Schritt in einem einfachen, positiven Satz.

„Ich werde…

Wichtig ist, dass Sie einen Schritt, sei er auch noch so klein, wirklich tun. Was auch immer um Sie herum passiert: Sie sind Mitgestalter Ihres Lebens. Wenn  ein Angehöriger suchtkrank oder auch anders erkrankt sind gilt: Sie können ihn oder sie nicht ändern, aber sie können Einfluss auf ihr Leben nehmen!

Wenn Gestalten heute schwierig ist, lassen Sie sich Zeit und bearbeiten diese Übung zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Vertiefung:

Gibt es einen Punkt im Bild, der Ihnen am wichtigsten ist? Was macht diese Stelle aus? Finden Sie fünf Begriffe, die diese Stelle beschreiben. Schreiben Sie diese fünf Begriffe auf und hängen diese so auf, dass Sie sie in der nächsten Zeit inspirieren können! Wenn das Visuelle Sie mehr inspiriert, können Sie auch eine Minikopie dieses Ausschnitts anfertigen oder Sie mit Ihrem Handy oder Kamera abfotografieren und als Handy-Upload immer bei sich tragen.

Ich wünsche Ihnen eine gute „Besser-leben-Zeit“.

Ihre

Waltraut Barnowski-Geiser