Ich stoppe meine Selbstabwertung!…ein wichtiger Vorsatz fuer Erwachsene mit Kindheitsbelastungen

Sich selbst abzuwerten, ist Menschen mit Kindheitsbelastungen seltsam vertraut. Dies lässt sich entwicklungspsychologisch nachvollziehen: wer von klein an mit schwierigen Belastungen, etwa mit psychisch oder suchterkrankten Eltern aufwächst, bezieht das Verhalten der Erkrankten oftmals auf sich. Verhalten die ihn Umgebenden sich über lange Zeit „krankhaft“, so glaubt das Kind, das sich in der Phase des Egozentrismus befindet, für dieses Verhalten verantwortlich zu sein. Erfährt es in dieser Phase keine angemessene Auflösung (hält etwa das süchtige und für das Kind wenig befriedigende Verhalten der Eltern über lange Zeit an) , so kann dies  zum lebensbegleitenden Thema werden. Irgendwann ist die eigene Abwertung und sich für alles Negative verantwortlich Fühlen so vertraut, dass es Betroffenen gleichsam zur zweiten Haut wird. Oft zieht Selbstabwertung ungesunde Selbstausbeutung nach sich. Ein Um-und Neulernen wird nötig. Vielleicht auch Ihr Vorsatz nach dem Sommer?

Herzliche Grüße

Ihre

Waltraut Barnowski-Geiser

Würdigen, was niemand sah: sich selbst wertschätzen lernen in einer belasteten Familie

In einer belasteten Familie geht oft viel verloren: Wahrheit, Glaube und Vertrauen beispielsweise bleiben dann auf der Strecke. Kinder aus diesen Familien gehen sich in der Folge, wenn die Belastung über lange Zeit anhält, oft selbst verloren; leben sie doch alltäglich in einem Tabu, das ihnen vermittelt, das eigentlich alles normal sei.  Ihre Nöte, aber auch ihre alltäglichen übergroßen Leistungen werden regelmäßig  übersehen. Ihre Überanstrengung und Überkompensation (Barnowski-Geiser/Geiser.Heinrichs 2017), die sie aufgrund der Erkrankungen oder Beeinträchtigungen der Eltern leisten müssen, verschwinden im familiären Nebel. Oft werden ihnen selbst diese Leistungen nie bewusst, manchmal erst im Rahmen von Therapie im Erwachsenenalter. Und dann sind Betroffene verunsichert, denn im Verlaufe ihrer familiären Zugehörigkeit zum tabuisierenden System ist ihnen auch selbst Wetschätzung und Würdigung für das von ihnen für das Familien- System Geleistete abhanden gekommen: Das Geleistete gibt es in der familiären Wahrnehmung so wenig wie es die Krankheit/Belastung der Eltern gab oder gibt. Geleistetes versinkt unter Scham, die die Kinder anstelle ihrer Eltern meist unbewusst übernehmen. Negative Selbstzuschreibungen sind dann an der Tagesordnung: „Ich bin doch so furchtbar angepasst!“ (wenn  die Überanpassungsleistung ständig nötig war),  oder „Ich hab doch so ein dämliches Helfersyndrom“ ( wenn sich Kümmern in krisenhaften Kindheiten als einzig lebbare Möglichkeit erschien) u. ä. lauten dann die unguten Selbst-Zuschreibungen.

Jetzt im Erwachsenenalter können Sie,insbesondere wenn die elterliche Belastung nun hinter ihnen liegt, neu und anders leben: indem Sie einen anderen Umgang mit sich selbst pflegen. Sie können Ihre Eltern vermutlich nicht ändern, so sehr Sie das auch wünschen, so sehr Sie sich dafür anstrengen, Als Angehörige einer belasteten Familie haben Sie vermutlich Großes geleistet (Oder tun es immer noch), entsprechende Bewältigungsmechanismen entwickelt, aus denen  spezifische, ihnen sehr eigene, Stärken entstanden sind – nur allzu lange wurden diese übersehen, von anderen und womöglich auch von Ihnen selbst. Im Heute, gerade jetzt, können diese durch Sie selbst Beachtung erfahren, neu in Resonanz und die Welt gehen, indem sie, auch wenn es ungewohnt erscheint, die Botschaft dieses Wochenimpulses umsetzen: Würdige, was niemand sah!

(Formulierung in Anlehnung an Buchtitel Barnowski-Geiser 2009: Hören, was niemand sieht) .

Sonniges auf Ihre Wege sendet

Ihre

Waltraut Barnowski-Geiser

Dr. Waltraut Barnowski-Geiser, Lehrende in Schulen, Hochschulen und therapeutischen Ausbildungsgängen. Leiterin der BEL-Kids-Projekte, Autorin. Publikationen zum Foschungsschwerpunkt familiäre Belastung u.a. Hören, was niemand sieht;  Vater, Mutter, Sucht und Meine schwierige Mutter, gemeinsam mit Maren Geiser-Heinrichs

Selbstwert-Mutmacher: wie wir Selbstwert durch das Besinnen auf unsere eigenen Werte steigern können

Liebe Blogleserin und Leser,

ich melde mich nun mal wieder und hoffe, dass es Ihnen so gut als möglich geht…: Neues habe ich gelesen und ist mir begegnet. Dazu nun wieder regelmäßiger hier Blogbeiträge.

Dauerbrenner: Selbstwertprobleme! Immer wieder begegnen mir Menschen aus belasteten Familien, die nach allgemeinen Kriterien erfolgreich scheinen, die sich aber unter der nach Außen gezeigten Stärke unbedeutend, klein und schwach fühlen. Selbstwertprobleme bleiben für Erwachsene mit Kindheitsbelastungen meist ein großes Thema: ja,eine Lebensaufgabe.

Heute erzähle ich Ihnen:

  • wie diese Selbstwertproblematik in belasteten Familien entsteht
  • wie Sie wieder zu mehr Selbstwert finden
  • eine Anleitung, sich auf kreative Weise mit Ihren Werten auseinanderzusetzen

Denn: Sie können etwas tun, Ihr Lebensgefühl und Ihr Selbstwert sind veränderbar!

Wie Kindern in belasteten Familien der Selbstwert abhanden kommt

Wenn Eltern über viele Jahre schwer belastet sind (etwa durch Krankheiten, Süchte, Persönlichkeitsstörungen u.a.), dann bekommt oftmals in ihrem Leben anderes zentrale Bedeutung. Dieses „andere“ erfährt dann die Aufmerksamkeit, die eigentlich ihren Kindern zusteht. Die den Kindern zustehende Wertschätzung geht verloren. Da dreht sich das Leben der Mutter etwa nur noch darum, wie sie ihren Alkohol bekommt und wie sie in Ruhe trinken kann, Fassade bewahrt – das Kind wird Teil des süchtigen Systems der Mutter, auch ihres Bewertungssystems: es droht bewertet zu werden über den alles bestimmenden Suchtfaktor, sein Wert im Bewertungssystem der Mutter droht sich dann an der Frage zu orientieren: Ist mein Kind  dienlich, mein Trinkverhalten zu sichern? Der  Wert, der dem Kind dann zugeschrieben wird, bemisst sich im kranken System nach völlig verschobenen Maßstäben, die sich über Jahre intern ungut aufgebaut haben. Das Kind wird in diesen Fällen (und das reicht oftmals bis ins hohe Erwachsenenalter) wenig bis gar nicht um seiner selbst Willen gesehen, sondern dann vor allem in seiner Funktonalität für das Aufrechterhalten des Systems bewertet, hier das Kranke. Das Kind lernt, insbesondere wenn dieser ungute Mechanismus über viele Jahre andauert und wenig andere Bezugspersonen zur Verfügung stehen, seinen Selbstwert aus diesem System zu beziehen… und verhält sich entsprechend der Systemnorm: es „schluckt“ das Unangenehme, es macht keinen Ärger, lügt vielleicht für die süchtige Mutter, besorgt Alkohol für sie, obwohl es genau an den Folgen, die durch den Alkoholgebrauch entstehen, besonders leidet. Es ist jedoch meist chancenlos, denn positive Aufmerksamkeit erhält es, wenn es der Mutter dient. Die fehlende Wertschätzung durch die so wichtige erste Bezugsperson droht Teil seines Selbstkonzeptes zu werden: „Ich bin nur etwas wert, wenn ich jemanden anderen stütze!“, lautet dann die unbewusste Selbstzuschreibung. Betroffene erlangen in belasteten Familien so meist einen sehr niedrigen Selbstwert. Verstärkt wird diese Problematik durch weitere systemtypische Faktoren: betroffenen KIndern fehlen adäquate Modelle , hat doch schon das erkrankte Elternteil selbst einen geringen Selbstwert (Beobachtungslernen). Süchtige Elternteile neigen teils zu fortgesetzter Entwertung ihrer Umwelt, spalten zwischen ihrem Kind und dem „feindlichen“ Außen.  Scham über die Unfähigkeit, gute Eltern zu sein, wird vertuscht, Im Gegenteil führt diese vertuschte Scham dazu, dass das Kind keine Anerkennung für seine (familiären) Leistungen erhält. Die erlernte und stillschweigend eingeforderte Selbstaufgabe bis hin zum emotionalen missbraucht Werden, erfährt eine Entwertung im internen Bewertungssystem ( „Ich müsste doch mal für mich eintreten!“ , denken sie „Immer schlucke ich alles und kriege den Mund nicht auf“ etc.). Als Erwachsene drohen diese KInder im besonderen Maße abhängig zu sein von der Wertschätzung anderer, von Partnern, Chefs und hierarchisch höher gestellten, Eltern ähnlichen Figuren: meist bleibt ihnen nach einer Kindheit, die von emotionalem Missbrauch gezeichnet war ( oder auch bis zum heutigen Tage immer noch ist), eine klaffende Leerstelle im Inneren erhalten, die sich nicht zu füllen scheint – Leere- und Sinnlosigkeit machen sich breit, fortschreitende Selbstentwertung greift Raum. Aus Entwertung und entwertendem Umgang wird geschwächter Selbstwert.

Wie Sie wieder zu mehr Selbstwert finden

Erst, wenn Betroffene beginnen, diesen Prozess der familiären Bewertungsentwicklung zu durchschauen und in Zusammenhang zu Ihrem Selbstwert zu setzen… können sie sich endlich auf ihre eigenen Normen und  Werte zurückbesinnen… ihre eigenen Werte neu überprüfen… oder auch sie erstmalig entdecken… familiäre Bewertungen entdecken und von den eigenen Werten unterscheiden … und schließlich ihren Selbstwert nicht mehr nur an der Anerkennung durch andere, sondern in der Übereinstimmung mit ihren eigenen Werten finden…Erst dann tritt meist ein manifester Selbstwert, der stabil auf dem eigenen Inneren begründet ist, zutage. Die nachfolgende Kreative Selbsterfahrung kann Sie auf diesem Weg unterstützen.

Kreative Selbsterfahrung  Meine Werte

Wie hoch schätzen Sie Ihren Selbstwert augenblicklich ein? (1-10, 10 als höchster, 0 als niedrigster Wert)

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Wie hoch war der Selbstwert in Ihrer Kindheit?

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Nennen Sie spontan fünf Werte, für die sie sich persönlich einsetzen möchten…

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Stellen sie sich vor, diese Werte wären Reiseproviant, das sie nur begrenzt mitnehmen könnten. Tauschen sie einen Wert nach dem anderen solange aus, bis der Ihnen wichtigste übrig bleibt.

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Welche Werte galten in Ihrer Herkunfts-Familie? Wo gibt es Schnittmengen mit Ihren eigenen Werten, wogegen grenzen Sie sich klar ab?



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Gibt es Werte in Ihrer Familie, die sie förmlich „schräg“ oder „verrückt“ finden?

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Fertigen Sie eine kleine Zeichnung an, um diese Schrägheiten in einem Comic darzustellen. Gestalten Sie anschließend Ihre eigenen Werte hinein.

Inwieweit passen Ihre Werte zu denen an Ihrem Arbeitsplatz, wie ist das dort das vorherrschende Menschenbild?


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Nennen Sie 3 konkrete Schritte, die Sie aktiv tun können, um mehr in Übereinstimmung mit Ihren Werten zu leben…

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Fertigen Sie ab sofort eine Selbstwert- Kurve an, in die Sie täglich Ihren Selbstwert eintragen ( 10 ist hoher Selbstwert, 0 ist niedrig). Notieren Sie Ereignisse, die den Kurvenverlauf stark beeinflussen.

Durch die Beschäftigung mit Ihren Werten machen Sie eine wichtige Bestandsaufnahme. Wenn sie mehr Ihren Werten gemäß leben, hat dies in der Regel auch ein besseres Selbstwertgefühl zufolge. Für Erwachsene aus belasteten Familien ist dies eine schwierige Aufgabe…scheuen Sie sich nicht, eine Person Ihres Vertrauens hinzuzuziehen, wenn Sie an Punkten in der Bearbeitung  Schwierigkeiten entdecken.

Ich hoffe, Sie können bald, ganz herbstlich, Ihre Früchte und Ernte einfahren,

herzlich

Ihre

Waltraut Barnowski-Geiser

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