Unterschätzt und übersehen: die Stärken der Suchtkinder

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Kinder aus Suchtfamilien, und das wurde die längste Zeit (sogar in Forschungsaktivitäten jüngerer Zeit) sträflich übersehen, entwickeln auch besondere Stärken: Belastbarkeit, Durchhaltevermögen, Treue und Loyalität, soziale Feinfühligkeit, Stimmungsexpertise und Managerqualitäten sind oft in besonderem Maße vorhanden (Barnowski-Geiser.Vater, Mutter,Sucht,2021). Diese Stärken zeichnen die betroffenen Kinder in besonderer Weise aus; sie sind ihnen jedoch meist selbst wenig bewusst.

Da Suchtkinder für Ihre besonderen Leistungen in ihren Familien kaum Anerkennung erhielten oder erhalten, sogar eher zum Sündenbock gestempelt wurden, ist ihnen der Zugang zu ihren Stärken oft verwehrt: sie übersehen diese als Erwachsene so, wie sie es im Kindesalter durch die eigenen Eltern erfahren haben. Die betroffenen Kinder geraten in eine Tabu-Stärkenfresserspirale. In der elterlichen Scham über das eigene Unvermögen, elterliche Fürsorge angemessen und dauerhaft anzubieten, sondern diese viel zu früh an das Kind delegiert zu haben, fällt die alltägliche Höchstleistung des Kindes unter den Tisch. Es beginnt eine Negativspirale in einer verquer anmutenden familiären Dynamik: Es gibt in der familiären Wahrheit demnach keine (Sucht)-Erkrankung, kein elterliches Versagen, kein Leiden und folglich keine besondere Leistungen der Kinder. Über Jahrzehnte gelebt, wird diese Spirale Teil der Selbstzuschreibung der Kinder: das erwachsene Suchtkind leistet und leistet, und bewertet das in vertrauter Manier: „Ich habe doch gar nichts gemacht!“ „Ich kann doch nichts“ „Ich bin wertlos“.Kommen dann noch entsprechende Beziehungen, Arbeitskollegen oder Chefs dazu, wiederholt sich die Tabu-Stärkenfresserspirale allzu ungut.Die Tabu-Stärkenfresserspirale tritt auch bei anderen elterlichen Erkrankunge nauf, die mit Tabusisierung einhergehen ( z.B. elterliche psychische Erkrankung, elterliche Traumatisierung etc.). Die Selbstwahrnehmung dieser belasteten Kinder ist dann oft bis ins hohe Erwachsenenalter negativ geprägt.

Impuls: Schreiben Sie fünf Dinge, die Sie gut können auf. Finden Sie Symbole, die sich IHnen nahchhaltig einprägen. Befragen Sie nahestehenede Menschen dazu. Und: werten Sie Wertschätzung nicht fortgesetzt ab.

Herzliche Grüße

Ihre

Waltraut Barnowski-Geiser