Ernte! Dennoch…

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„Ernten? Ich?“

Etwas zu ernten, hier im übertragenden Sinne angesprochen, ist vielen erwachsenen Kindern von chronisch erkrankten Eltern fremd. Oftmals rackern diese Kinder auch als Erwachsene unermüdlich, auch außerhalb Ihrer Familie. Doch wenn es darum geht, die Ernte einzufahren, zu bekommen, das Erarbeitete zu genießen, dann sind sie nicht dabei: sie rackern und säen (um im Bild zu bleiben) entweder schon längst woanders (verkörpert auch in der Rolle des himmlischen Kindermädchens Mary Poppins (beschrieben im Buch Vater, Mutter, Sucht/Barnowski-Geiser 2015)  oder jemand anderes erntet das eigentlich ihnen Zustehende. Ernten haben Kinder aus belasteten Familien selten gelernt. Wie kommt das?

Gerade, wenn die elterliche Erkrankung chronisch verläuft, womöglich noch tabuisiert und verschwiegen wird, ist es für die früh mitbetroffenen Kinder schwierig, sich um die eigene Ernte zu kümmern. Einserseits sind sie ganz und gar mit der Rettung der erkrankten Eltern beschäftigt.Wenn über Jahre keine elterliche Heilung eintritt, eine Krise vielmehr die andere jagt (oftmals über Jahrzehnte), gerät das eigene Säen und Ernten aus dem Blick.Zugleich wird das eigene Tun dann als erfolglos eingestuft. In ihrer Zuschreibung bewerten sich betroffene Kinder  sogar vielmehr als „Versager“, „schuldig“ etc… Solange lediglich das Ende der elterlichen Krankheit ( etwa Sucht) in der Selbstzuschreibung als „Ernte“ eingestuft wird, geht sprichwörtlich ihre Saat nie auf: also gehen diese Betroffenen über Jahre leer aus. All das, was sie „gesät“ haben, wird von den anderen in der Familie, die selbst überfordert sind, übersehen, von ihnen selbst in der Folge vergessen.

Oft haben Betroffene viel Gutes gesät: ihre Geschwister versorgt und emotional gestützt, obwohl sie selbst belastet waren… Den Kranken gestärkt und betreut…Zwischen den streitenden Eltern vermittelt, wieder und wieder…

Oftmals sind Betroffene verbittert, weil niemand in der Familie ihre Leistung gewürdigt hat – sie drohen verbittert und handlungsunfähig zu werden. Für andere ist ihr eigenes Leiden zum Motor geworden, zu helfen. Oftmals sind aus diesem aus der Not entstandenen familiären Tun besondere Stärken und Wesenszüge gewachsen, die mit hohen sozialen Qualitäten einhergehen: etwa eine große Einfühlungsfähigkeit, besondere Helferqualitäten, Sorge für das Gemeinwohl, künstlerische Ausdrucksfähigkeit, Organisationstalent etc ( s.a. Die Stärken der Suchtkinder)

Kreativ-Coaching Fahre deine Ernte ein

Nutzen Sie vielleicht die langen Abende in der beginnenden Herbstzeit, wandern Sie ein wenig mit dem Bild des Erntens umher…finden Sie einen vorgestellten Ort, an de Sie Ihre Erntegut unterbringen wollen…vielleicht passt ein großer Rucksack oder auch eine große Halle… Machen Sie sich damit vertraut und schreiben Sie nun auf:

Was nehmen Sie als Erntegut aus Ihrer Familie mit?

Welche Samen haben Sie gesät, welche möchten Sie neu oder weiter ausstreuen? Gestalten Sie ein Bild dazu.

Was können oder konnten Sie außerhalb Ihrer Familie ernten?

Welche Erntegüter brauchen weitere Unterstützung zum Weiterwachsen?

Welche Umgebung braucht Ihr Rucksack oder Ihre Erntehalle? Malen Sie die Umgebung, die Ihre Ernte braucht? Wo wird Sie ungenießbar?

Malen Sie einen imaginären Schutz!

Eine gute Woche wünscht

Ihre

Waltraut Barnowski-Geiser