Mussten Sie auch Ihren eigenen Eltern Eltern sein?…wenn Kindsein einfach ausfällt

 

Fällt es Ihnen schwer, kindlich und verspielt zu sein? Tun Sie sich schwer mit Leichtigkeit? Dann kann es sein, dass Sie allzu früh den Ernst des Lebens leben mussten allzu früh Verantwortung in Ihrer Familie übernahmen – für bedürftige Eltern oder andere Familienmitglieder, vor allem auch für Geschwister. Selten wird diese frühe Überforderung durch die Familie gewürdigt. Meist wird die Leistung der Kinder dann sogar von den Eltern kritisiert und herabgestuft – man tut so, als wäre das normal, dass Kinder Erwachsenenarbeit tun. Für viele Betroffene endet dies in chronischen Gefühlen von Überforderung und Erschöpfung, zugleich können Sie sich als Erwachsene selbst wenig Wertschätzung entgegenbringen für all das, was Sie meist immer noch im Übermaß leisten und tun. Das für andere Dasein wird zur zweiten Haut, was sich auch in der Übernahme starrer Rollenmodelle im Erwachsenenalter zeit: Mutter Teresa, Robin Hood, Superman etc. (Barnowski-Geiser: Vater, Mutter, Sucht 2015) werden zu einem Korsett, an dem sich Betroffene dann verzweifelt festhalten. Ein Korsett, das sie aus großer Not heraus viel zu früh anlegen und schwerlich ablegen können, scheinen sie doch nur als Heilige und Retter wirklich Bestätigung und Wertschätzung zu erfahen, überhaupt Bedeutung zu erlangen. Im Titel Vater, Mutter, Sucht klingt es an: die Erkrankung (hier die Sucht) nimmt in den Familien den Platz ein, der eigentlich den Kindern zusteht.

Wie sehr sich das bis tief in die eigene Identität webt, zeigt die Arbeit mit Sammy.In seiner Traumreise begegnet Sammy seiner gegenwärtigen Rolle erneut, dadurch wird sie ihm erstmalig bewusst:

Der 14jährige Sammy sorgt bereits seit Jahren für seine Geschwister…Während einer Imagination mit der R.L.M. -Methode (Methode der Rezeptiven Musiktherapie) reist der 14jährige Sammy imaginär in sein Traumland. Hier trifft er einen alten weisen Mann, den er um Rat zu seiner augenblicklichen Situation fragen kann. Er erzählt anschließend: „Ich konnte dem alten Mann helfen, er war froh, dass ich kam, weil er konnte sein Holz nicht mehr tragen und fühlte sich so alleine. Da habe ich ihm seine Wohnung aufgeräumt und Feuer gemacht und er konnte mir auch mal alles erzählen, was ihn so belastet.“ Ich frage, ob er denn auch etwas von dem weisen Mann bekam. „Nee!“, sagt Sammy, „Ich helfe meistens den anderen, auch den Erwachsenen.“ Nach einigem Überlegen sagt er: „Hier in der Therapie ist es das erste Mal, dass ich zugebe, selber Probleme zu haben und mir dabei helfen lasse.“ (Sammy, 14 Jahre zit. nach Barnowski-Geiser (2009) Hören, was niemand sieht).

In kleinen Schritten, auch mit Unterstützung seiner Eltern, die für seine Helferproblematik sensibilisiert werden konnten, konnte Sammy allmählich sein Helferkorsett ein wenig lockern. Dieses De-Parenting (wieder kindlich werden) ist Teil der Arbeit nach dem AWOKADO-Konzept. Betroffene Kinder benötigen frühzeitig Orte, an denen Sie selbst unbeschwert Kind sein dürfen. Erwachsene müssen einerseits achtsam sein, ob sie in einer der klassischen Rollen gefangen sind und immer noch im alten Korsett stecken (vielleicht nur in einer anderen Beziehung als früher- und das fühlt sich lange Zeit sehr vertraut und richtig an).Und sie müssen suchen, wie und auf welche Weise sie ihren kindlichen Anteil nachholen können: Übungen dazu finden Sie auch auf dieser Seite. Kreativ Sein ist ein wichtiger Schlüssel zu mehr Leichtigkeit, zu einem Mehr an kindlichen Anteilen in Ihrem Leben. Auch wenn es schwerfällt, steckt hier ein großes Potenzial für ein Leben, das Sie so mit mehr Lebensqualität füllen können.

Dr. Waltraut Barnowski-Geiser ist Therapeutin, Lehrende und Autorin. Vater, Mutter, Sucht (2015) und Hören, was niemand sieht (2009) sind ihre Bücher zur Thematik. In der Praxis KlangRaum in Erkelenz bietet sie Hilfe für Menschen mit Kindheitsbelastungen auf der Basis des von ihr entwickelten AWOKADO-7-Schritte-Programms