Und was machen Sie in der Krise…Zwischen Grübel-Denken, Dauer-Fühlen und Körperfanatismus

Krisen koennen Identitaet erschuettern.Wenn nichts mehr so ist,wie es war,so wie jetzt in Coronazeiten,kann das uns selbst,unsere Beziehungen und Lebensentwuerfe in Frage stellen.Wenn wir uns fragen, wer wir sind, wenn wir uns mit unserer Identität beschäftigen, dann können wir das auf vielfältige Weise tun: alle Wege entspringen letztlich einer Vorstellung, einem Modell: nie sind diese Modelle die Wirklichkeit selbst, sondern sie sind lediglich HIlfsmittel und Abbilder. Eine Herangehensweise, ein in der Praxis  erprobtes Denkmodell, ist das Modell der „Säulen der Identität“ nach Hilarion Petzold, mit dem Sie sich schon einige Male beschaeftigen konnten,etwa in meinem Blogbeitrag zum Jahreswechsel.

Wenn wir in einer belasteten Familie aufgewachsen sind, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, sich besonders intensiv mit der Frage nach dem „Wer bin ich?“ ( manche nennen es auch das „Selbst“) zu beschäftigen:  wer in seiner Familie lernen musste, sich selbst möglichst nicht wahrzunehmen und zu spüren, wer zu früh viel zu große Aufgaben, nämlich die der Erwachsenen, übernehmen musste, wer Dinge schulterte, denen er nicht gewachsen sein kann, der verliert leicht den Zugang zu sich selbst. Er weiß dann vor allem viel über die Bedürfnisse seiner Mitmenschen, seiner Eltern und Geschwister, aber wenig über sich selbst: sich selbst zu finden, das eigene Wollen, Wünschen, das rechte Maß usw. zu finden, wird dann oftmals eine Lebensaufgabe, die bis in das hohe Erwachsenenalter hineinreicht. Bei manchen dauert der vernebelte Blick auf die familiären Schwierigkeiten sogar ein Leben lang an: der Zugang zum Ich, zum Eigenen, scheint chronisch verwehrt.

Als stark beeinträchtigt empfunden wird dann die leibliche Säule der Identität. Insbesondere das Zusammenspiel zwischen Körper, Seele und Geist (in der leiborientierten Therapie auch mit dem altertümlich klingenden Begriff  Leib bezeichnet) funktioniert nicht gut, d.h. Betroffene erleben sich teils abgeschnitten, Ihnen fällt es schwer, alle  leiblichen Teile wahrzunehmen, geschweige denn sie in für sie günstiger Weise zusammenspielen zu lassen. Gehäuft tritt eine Unterbrechung zur Gefühlsleitung auf: wenn diese Betroffenen nach ihren Gefühlen forschen, so empfinden sie zunächst einfach „nichts“. Das Nichtfühlen ist hier an die Stelle der allzu negativen Gefühle gerutscht. Ebenso ist oftmals die Kontaktleitung in den Körper unterbrochen, dieser wird erst dann wahrgenommen, wenn er sich krank verweigert und Alarm schlägt. Oftmals sind die Denker dann, so beschreiben sie sich selbst, „immer im Kopf“. Halten wir fest: die leibliche Säule funktioniert nur dann gut, wenn alle Teile miteinander kooperieren können. Ins Extrem überzeichnet können wir drei Typen unterscheiden:

Denker grübeln und grübeln, stürzen sich verständlicher Weise meist auf Hilfen, die Ihnen noch mehr Kontrolle über das Denken ermöglichen,

 „Fühler“ fühlen sich oft von ihrem Gefühlsreichtum überflutet und sitzen hartnäckig in ihren Gefühlen fest (und weigern sich manchmal diese mit in ihr Denken einzubeziehen)

Körperorientierte sind oft einseitig nur noch mit dem Körper und seiner Präsentation befasst, sie richten ihr Leben extrem auf die Kontrolle über ihren Körper aus: wie die elterliche Sucht etwa wird nun der eigene Körper zum wechselhaften Schlachtfeld der Extreme von Kontrolle, eiserner Disziplin und schuldhaft erlebtem Versagen. Hier ist der Körper „Markenzeichen“, wenig Wohlfühlstätte.

Wenn Ihnen die Beantwortung der Fragen zu Ihrer leiblichen Säule teils schwer fielen, so kann dies wertvolle Hinweise über ihr individuelles Zusammenspiel von Körper, Seele und Geist liefern. Schauen Sie vielleicht die Beantwortung zur 1. Säule noch einmal mit diesem Blickwinkel an und erhalten so Aufschluss, ob sie sich zu den Denkern, Fühlern oder Körperorientierten zählen. Beginnen Sie behutsam, die jeweils anderen Bereiche achtsam mehr in Ihr Leben einzubeziehen: die Belastung Ihrer Kindheitstage kann Spuren hinterlassen haben, aber diese sind nicht unveränderbar: Jetzt besser leben!

Ziel in der leiborientierten Arbeit ist Integration.

„Manchmal dachte ich, ich werde mit diesen Trinkern um mich herum verrückt…Mir half, glaube ich Sinnlichkeit, mit allen Sinnen in die Natur gehen, zu riechen, zu schauen: dann wusste ich, dass es mich noch gibt.“ (Frau E., 37)

„Ich stehe morgens auf und frage mich, was ich heute spüre, wie es mir jetzt geht. Das erfordert täglich meinen Mut. Früher hätte ich vor meinem Inneren davonlaufen mögen. Heute muss ich mich nicht mehr übergeben, es klingt verrückt, dass ich mich erst jetzt kennenlerne. Im Alter von 42 Jahren beginnt mein Leben mit mir!“ ( Frau L., 42 Jahre)

Herzliche Grüße

Ihre

Waltraut Barnowski-Geiser

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Der neue Blick ins Gestern…und was zaubert Ihnen ein Lächeln ins Gesicht?

Biographiearbeit in Kombination mit kreativem Schreiben kann eine wichtige Form der Arbeit für erwachsene Kinder aus bealsteten Familien sein. Im Lebenspanorama etwa können wir einen bildlichen Blick auf unseren Lebensweg werfen. Auch eine Rückschau in 5 Jahresschritten ( auch aus buddhistischen Übungswegen bekannt) kann angewendet werden, das eigene Leben vom jetzigen Punkt aus rückwärts zu erzählen, um anhand des Geschriebenen immerwiederkehrende Muster und Themen zu identifizieren. Diese zu Erkennen kann ein Beitrag sein, aus unguten Mustern und Themen auszusteigen, eine Chance, sich von Ungutem bewusst zu verabschieden und Neues zuzulassen. Wenn die eigene Biographie belastet ist, machen Blicke zurück oftmals Angst. Auch ist oft über Jahrzehnte das Schwere und Belastende übergroß geworden und teils nur noch im Blick. Dann kann es hilfreich sein, die Perspektive zu verändern den Blick auch auf das Freudige zu richten. Dieser Perspektivwechsel kann in schwierigen Lagen und Stimmungen helfen…

Mein Lächeln suchen…Übung zum biographischen Schreiben

Probieren Sie es aus…suchen Sie sich einen ruhigen Ort, an dem sie 30 Minuten Zeit und Muße finden…nehmen Sie Papier und Stift mit…Gehen Sie nun mit Ihrer Achtsamkeit zu Ihrem Atem und nehmen das Ein und Aus sowie die Pause wahr…und nun schreiben Sie die Geschichte Ihrer Freude, indem Sie der Frage folgen: was zauberte mir in dieser Zeit ein Lächeln ins Gesicht ( lassen Sie sich jeweils etwas Zeit, indem Sie sich in diesem jeweiligen Alter vorstellen)…vor 7 Jahren…vor 14 Jahren…vor 21 Jahren usf bis sie in der Grundschulzeit angekommen sind….springen Sie nun zurück ins Jetzt…Was zaubert Ihnen heute ein Lächeln ins Gesicht?

Schauen Sie nun Ihre „Sammlung“, Ihre Fundstücke an: verwahren Sie Ihre Freudensammlung gut sichtbar in den nächsten Wochen. Wenn Sie noch nicht recht fündig wurden, dann geben Sie nicht auf: achten Sie in den nächsten Wochen ganz genau, wann Ihnen etwas ein Lächeln ( oder zumindest den Anflug davon ) ins Gesicht zaubert…die Dinge, die die dabei finden, sind Ihre persönlichen Schätze…entwerten Sie sie nicht! Wenn Sie im Früher etwas finden, dass Ihnen heute ungewöhnlich oder kindlich erscheint, etwa Spaß am Tanz in einer Wasserpfütze zu haben, dann gehört genau diese Qualität zu Ihnen….

Frühlingsgrüße sendet Ihre

Waltraut Barnowski-Geiser

„Wer bin ich, wenn ich nicht um dich kreise?“ Säulen (d)einer Identität

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Im höheren Erwachsenenalter, oftmals nach vielen Jahren des Zusammenlebens mit erkrankten Eltern, in stillen Momenten, in Momenten des Alleinseins, wird manchmal eine innere Stimme laut. Dann kommt plötzlich die Frage auf: Wer bin ich? Und vor allem: Wer bin ich, wenn ich nicht um den Kranken kreise? Diese Frage, oftmals gerade dann gestellt, wenn sich schon eine Loslösung anbahnt, kann eine tiefergehende Identitäts-Krise auslösen. Jens Flassbeck hat diesen Prozess mit dem Buchtitel „Ich will mein Leben zurück“ eindrücklich auf den Punkt gebracht. Denn: Wenn Menschen mit Angehörigen aufwachsen, die beispielsweise sucht- oder/und psychisch erkrankt sind, dann ist ihr Leben oftmals vom Kreisen um diesen Menschen bestimmt. Die Tage und das Leben scheinen damit ausgefüllt: Kinder aus belasteten Familien müssen ständig aufpassen, dass nichts Schlimmes passiert, ob die nächste Krise bevorsteht usw,. Viele Kinder scheinen sich,  gerade wenn diese Belastung bis in das Erwachsenenalter anhält, in diesem Aufpassen und Kreisen um erkrankte Eltern zu verlieren, sie gehen sich, wie sie beschreiben, irgendwann selbst verloren. Sich nicht mehr um einen Erkrankten zu drehen (und oft geht die kindliche Sorge um erkrankte Eltern im Erwachsenenalter auf einen erkrankten Partner über), stellt eine große Herausforderung dar. Gefühle brechen auf: Trauer über ungelebtes Leben, Zorn über „verschwendete“ Energie…Ohnmacht über Sinnlosigkeit und Leere.Aus dieser entstandenen  Leere muss ein „eigenes“ Leben neu gebaut werden. Das zeigte sich bei vielen Betroffenen als schwieriger, jedoch lohnenswerter Prozess. Aber wie funktioniert das, fragen Betroffene, wie weiß ich überhaupt, was ich eigentlich will, wo doch solange nur zählte, was die anderen wollen? In diesem Prozess braucht es oft Hilfestellungen. Bücher können hierbei Hilfe sein ( s. unten) wie auch Phasen der Ruhe und Stille, der Rückbesinnung auf sich selbst. Oft macht gerade dieses „Zu sich Kommen“ Betroffenen zunächst Angst: zu ungewohnt, sich mit sich selbst zu beschäftigen, zu fremd und unvertraut.

Übung anhand der Säulen der Identität (in Anlehnung an Hilarion Petzold) hier

Literaturempfehlung Selbsthilfe:Produkt-InformationProdukt-Information

Produkt-Information… theoretisch-therapeutische Aspekte zur Identität