Unfreiwillige Kinderhelden

Wenn Kinder in Suchtfamilien hineingeboren werden, so trifft  sie dies unvorbereitet: während  Sportler sich auf Höchstleistungen jahrelang vorbereiten, werden Kinder unvorbereitet mit Extremen einer Suchtfamilie konfrontiert, die sie einfach „irgendwie“ bewältigen müssen. Wenn süchtige Extrem-Belastung durch nahe Angehörige ihr Leben durchzieht, ist eine Bewältigungsstrategie, die meist unterbewusst abläuft, eine Rolle zu übernehmen.  Manche Kinder leisten dann dauerhaft schier Übermenschliches, sie gleichen „Superman“ – und bekommen für dieses Leistungen in ihren Familien leider kaum Anerkennung. Andere werden zu einer „Mutter Tereza“ oder einem „Robin Hood“. Andere werden zum einsamen „Mogli“, oder zur ständig kontrollierenden und Geheimnisse entdeckenden „Miss Marple“. Diese Rollen sind nur leider kein Spiel, sondern notwendiges Korsett, das sich nur noch schwer ablegen lässt.

Zugleich entwickeln  Betroffene in diesen Rollen spezifische Stärken, die sie im Besonderen auszeichnen – für die sie selbst  jedoch meist wenig Wertschätzung besitzen ( Spezifischer Rollen-Selbsttest und Stärkenmodell in Barnowski-Geiser: Vater, Mutter, Sucht 2019).

Wenn Sie Ihren Rollen, Stärken und Fallen auf die Spur kommen möchten, ist es wichtig , sich mit anderen zu verbinden. Gerade auch jetzt in der Coronazeit. Teils berichten Betroffene von guten Erfahrungen mit Chats, Videotreffen etc., Nacoa Berlin startet am 14. Februar wieder eine Aktionswoche, um auf die Situation von Suchtkindern aufmerksam zu machen. Vielleicht klicken Sie auch dort mal rein und können feststellen: ich bin nicht allein mit meinem Problem.

Eine gute Zeit und Gesundheit wünscht

Ihre

Waltraut Barnowski-Geiser

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Spurenfrei und Tadellos? Unterwegs zwischen Schönheitswahn, Fassadenpolitur und vergoldeten Brüchen

Neulich war zu lesen, dass es eine neue Generation von Smartphones geben soll, die Kratz-und Gebrauchsspuren unmittelbar weglöscht. Was ist das für ein Zeitalter, kann man zurecht fragen, in dem Gebrauchsspuren weggelöscht werden sollen, wo alles glatt und perfekt aussehen soll? Schönheitschirurgen haben Hochkonjunktur, Anti-Aging-Produkte ebenso.

Auf subtile Weise droht sich diese „Spurenfrei-tadellos-perfekt“-Sichtweise auch in die Betrachtung der Seele zu weben. Vergangenes  wird in dieser Mentalität beiseite gewischt, so getan, als hätte es Kratzer, Belastendes nie gegeben: „man“ trägt eine polierte Fassade. Diese Mentalität zahlen gerade die Kinder belastetender Eltern mit einem hohen Preis, laufen sie doch Gefahr, sich in dieser Mentalität vollends selbst zu verlieren. Der Erfolgsmensch hat demnach möglichst auch eine Erfolgsbiografie, eine Erfolgskindheit. So wird Schmerz  weggewischt, zugedeckt und übergangen, mit einem hohen Preis: damit einher geht der Verlust von Ganzheit  und Zugang zum ureigenen gerade So-Sein.

Spurenlesen und Brüche vergolden?

Neulich erzählte eine Klientin von einer alten japanischen Tradition: Wenn Porzellan hinfällt, etwa eine Tasse, so wird diese nicht weggeworfen, sondern vorsichtig zusammengesetzt und geklebt: die geklebten Nahtstellen werden anschließend mit Gold verziert. Welch eine schöne und nachhaltige Weise mit den Dingen umzugehen: Den Bruch vergolden, die Narbe anschauen und verschönern. Wie kann das Kindern aus belasteten Familien gelingen? …nach meinen Erfahrungen vor allem, indem die Narben und Spuren gewürdigt und wertgeschätzt, anders in ihr Leben und ihre Erzählung über ihr Leben (Narration) eingebunden  werden…Diesem Themenkreis möchte ich meine Beiträge in der Adventszeit widmen! Also, lesen Sie gern wieder rein!

Ihre

Waltraut Barnowski-Geiser

Kinderhelden

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Wenn Kinder in Suchtfamilien hineingeboren werden, so trifft  sie dies unvorbereitet: während  Sportler sich auf Höchstleistungen jahrelang vorbereiten, werden Kinder unvorbereitet mit Extremen einer Suchtfamilie konfrontiert, die sie einfach „irgendwie“ bewältigen müssen. Wenn süchtige Extrem-Belastung ihr Leben durchzieht, ist eine Bewältigungsstrategie, die unterbewusst abläuft, eine Rolle zu übernehmen.  Manche Kinder leisten dann dauerhaft schier Übermenschliches, sie gleichen „Superman“ – und bekommen für dieses Leistungen in ihren Familien leider kaum Anerkennung. Andere werden zu einer „Mutter Tereza“ oder einem „Robin Hood“.Diese Rollen sind nur leider kein Spiel, sondern werden zu einem notwendigen Korsett, das sich nur noch schwer ablegen lässt. Zugleich entwickeln  Betroffene in diesen Rollen spezifische Stärken, die sie im besonderen auszeichnen, für die sie selbst  jedoch meist wenig Wertschätzung besitzen ( Spezifischer Rollen-Selbsttest und Stärkenmodell in Barnowski-Geiser: Vater, Mutter, Sucht 2015)

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