Fehlende Kindheitserinnerungen?…wie die Seele Sie vor Schlimmerem bewahrt!

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Sie können kaum noch etwas aus Ihrer Kindheit erinnern, Bilder und Erinnerungen erscheinen Ihnen wie unter Nebelschleiern? Dann ist es möglich, dass Ihre Seele Sie durch Vergessen schützt: Vor Erinnerungen, die Sie vielleicht noch überfordern.

Viele Menschen, die in Ihrer Kindheit Belastendes erlebt haben, verfügen über wenig  bis gar keine Erinnerungen an diese Zeit. Die derart Betroffenen sind über dieses Phänomen oft verwundert. Sie glauben, einfach ein schlechtes Erinnerungsvermögen zu besitzen. Oftmals zeigt sich jedoch etwas anderes als Ursache: wenn die  Kindheit von großen oder  wiederholten seelischen Verwundungen geprägt war, dann war die kindliche Seele mit der Verarbeitung dieser als traumatisch einzustufenden Erlebnisse überfordert. Das „Vergessen“ ist dann ein kluger Schutzmechanismus der Seele. Ein Schutz und Bewaeltigungsmechanismus, der ihren Organismus auf diese Weise vor Schlimmerem bewahrt.

Im Erwachsenenalter zeigen sich manchmal plötzlich schemenhafte Bilder des kindlich,vielleicht traumatisch Erlebten, geradezu „wie aus dem Nebel“. Gerade, wenn Erwachsene die belastende Situation verlassen haben, eigentlich erstarkt sind, treten diese Phänomene auf. Warum gerade jetzt, wenn es mir eigentlich gut geht? wundern sich die derart Heimgesuchten. Ein Aspekt kann sein, dass Ihre Seele Sie gerade jetzt für reif hält, etwas Verdrängtes oder Abgespaltenes zu integrieren.Vertrauen Sie darauf, dass Ihre Seele Sie unterstützt auf Ihrem individuellen Weg! Vielleicht ist der Zeitpunkt gekommen und etwas Neues sucht seinen Weg.

„Wer leben gestalten will, muss zunächst für klare Sicht sorgen“, sagt der Redakteur Frank Berzbach in seinem Buch Die Kunst, ein kreatives Leben zu führen. Dies mag durchaus auch für erwachsene Kinder aus belasteten Familien gelten: allerdings stellt „klare Sicht“ für Sie eine hohe Herausforderung dar. Oftmals kämpfen  sie unter und hinter ihrem Nebel mit alten Schuldgefühlen. Mit Gefühlen, die wenig klar vor ihre Augen treten, da sie unter Tabus und unter der Last des Zuviel verschwommen sind. Berzbach: „Wer sich schuldig fühlt, auch wenn er nichts Böses getan hat, wird sich nicht mehr bewegen.“ Wenn Starre quälend wird, ist meist professionelle Hilfe angezeigt. Wann der Nebel sich jeweils lichten durfte, zeigte sich in der Arbeit mit Betroffenen vor allem als Frage des geeigneten Zeitpunkts.

Ich wünsche Ihnen eine farbenfrohe Woche, hinter und unter dem Grau des Regens,

Ihre

 

Waltraut Barnowski-Geiser

Hilfe für die „Vergessensten der Vergessenen“ – Das AWOKADO-Hilfe-Konzept für erwachsene Kinder sucht-und psychisch erkrankter Eltern

Erwachsene aus Suchtfamilien müssen leider zu den „Vergessensten der Vergessenen“ gezählt werden. Zwei Denkfehler begünstigen dieses Vergessen:

1. Der Fehlschluss, dass die Kindheitsbelastung doch lang vorbei sei und damit im „Jetzt“, da Betroffene nicht mehr in der Herkunftsfamilie leben, ohne Folgen wäre (und nicht einmal das trifft bei vielen Erwachsenen zu, die oft ein Leben lang mit den Sucht- und psychisch Erkrankten konfrontiert sind).

2. Der Fehlschluss, dass,wenn die Betroffenen nicht von Kindheitsbelastung sprechen, auch keine Belastung vorhanden sei. Da die Kinder über Jahrzehnte in ihren Familien lernen, erkrankte Eltern zu schützen, nicht über ihr eigenes Leid zu sprechen ( es oft nicht einmal wahrnehmen zu dürfen), fehlen ihnen Worte. In Familien, die die elterliche Erkrankung tabuisieren, werden die Kinder frühzeitig zu „Burgbewohnern mit Haut und Haar“ (Barnowski-Geiser 2015). Oft erzählt allein ihr Körper oder ihre sie überfordernde Gefühlswelt, das sie bis heute schwer belastet sind: zu wirksam ist das kindliche Tabu, auch wenn Erwachsene das Elternhaus längst verlassen haben.

Zu diesen Denkfehlern gesellt sich ein großes Manko: Therapeuten, Ärzte und Pädagogen sind zu wenig bis gar nicht auf diese Klientel hin ausgebildet worden. UNd: reine INformation über diese Familien reicht als Hilfestellung nicht aus: Das AWOKADO-Konzept schließt hier eine Lücke der erlebensorientierten  Arbeit mit Erwachsenen aus belasteten Familien.

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Quelle: Klett-Cotta

http://klett-cotta.de/buch/Fachratgeber/Vater_Mutter_Sucht/55896#buch_leseprobe

Das AWOKADO-Konzept

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Mehr als zehn Jahre lang arbeitete Dr. Waltraut Barnowski-Geiser mit Kindern und Erwachsenen aus Suchtfamilien und führte zugleich im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojektes Befragungen und Interviews durch. Ihre Fragestellung: Was hilft „Suchtkindern“, ihr Leben zum Positiven zu verändern? Die Ergebnisse ihrer Studie und Befragungen mündeten im AWOKADO-Konzept. Dieses Konzept geht über psychoedukative Arbeit hinaus: Im AWOKADO-Konzept wird, resilienzfördernd und ressourcenorientiert, das Erleben Langzeit-Betroffener fokussiert, unter Einbeziehung der Systemperspektive. Ziel ist eine nachhaltige Verbesserung der Art und Weise „In der Welt zu Sein“.

Die Anfangsbuchstaben der ermittelten Hilfefaktoren stehen dabei für:

A Achtsamkeit
Vom Kreisen um die Suchterkrankten zur Selbstachtsamkeit im „Jetzt“
W Würdigung der Belastung und Würdigung der Stärken
Hinwendung zu den eigenen Wunden und zu den gewachsenen Kräften
O Orientierung
Finden einer eigenen Weltsicht, abseits des Familientabus
K Kreativität
Schöpferische Potenziale als Quell von Lebensfreude im „Für mich sein“
A Aus-Druck
    Eine Bewegung vom Innen ins Außen; Abbau von Spannungen und Druck
D Deckung und De-Parenting
Das Erleben von Sicherheit und sicheren Zonen (Schutzräume)
O  Offenheit und Öffnung
Positive Resonanz-und Beziehungserfahrungen in Netzwerken und Hilfegruppen

Die Namensverwandtschaft mit der Frucht Avocado schien sinnfällig: gilt die Avocado doch als äußerst heilsame und wirksame Frucht, die dosiert und maßvoll einzusetzen ist.Featured image

Auf der Basis des AWOKADO-Konzeptes, das sie seit vielen Jahren in therapeutischer Praxis anwendet, entwickelte Frau Barnowski-Geiser das AWOKADO-7-Schritte-Programm zur aktiven Selbsthilfe, das AWOKADO-Stärkungsritual sowie das schulische Präventionsprojekt BEL-Kids, das sie als modularisierte Fortbildung an Pädagogen, Therapeuten und Studierende multipliziert.

Das AWOKADO-7-Schritte-Programm konnte auch erfolgreich angewendet werden bei erwachsenen Kindern chronisch und existenziell erkrankter Eltern (z. B. bei elterlicher Krebserkrankung) sowie bei Erwachsenen von psychisch erkrankten Eltern.